Die Reise der Zukunft beginnt im Kopf.
Schnell, sauber und bequem von a nach b kommen- wer will das nicht? Und trotzdem hat das Idealverkehrsmittel noch keiner erfunden, denn alles Reisen hat seinen Haken. Was wir brauchen, ist der archimedische Punkt!
In Zeiten endloser Diskussionen um schwindende Rohstoffe und steigende CO2 Emissionen gerät der gerne Reisende mit schlechtem Gewissen ins Träumen. Spätestens 2056 werden die ersten Ventile der Rohöl-Pipelines für immer geschlossen und dies auch, weil jeder von uns heute fossile Rohstoffe der gestiegenen Mobilität wegen bedenkenlos abfackelt.
In meinem Traum jedoch denke ich nach: Reisen hat mit Bewegung auf der Erde zu tun. Ich war ganz schön platt, als ich zum ersten Mal ein Wissenschafts-Magazin aufblätterte und mir klar wurde, dass wir uns, auch wenn wir auf dem heimischen Locus sitzen, mit annähernd doppelter Schallgeschwindigkeit um unseren Erdkern bewegen. Erdumfang 40.000 km- dreht sich in 24 Std. einmal um sich selbst- das bedeutet in Äquatornähe einen Speed von 1.666 km/h!
Würde sich nicht alles um uns herum in dem selben Hochgeschwindigkeitskreisel um die Erdachse mitzwirbeln, würde das alltägliche Geschäft zu einem wahren Höllenritt werden. Doch so bekommen wir von der ungewollten Reise durchs All nicht den leisesten Windzug mit.
Würde sich die Erde unter unseren Füßen weiterdrehen, während wir einen Luftsprung machen, würden wir in der halben Sekunde 231 Meter zurückgelegt haben. Wie war das mit einem Punkt außerhalb der Erde, mit dem man lt. Archimedes die Erde aus den Angeln heben kann? Könnten solche Punkte nicht das Reisen revolutionieren, wenn wir uns nur beim Hochspringen irgendwo festhalten könnten, damit die gute alte Erde Zeit hätte, sich etwas weiter unter uns zu drehen? Wie schon erwähnt, dürften diese Punkte nirgendwo auf der Erde festgemacht sein- ein Baum oder ein Kran fallen hierbei aus. Weiter draußen liegt die Antwort: Satelliten kreuzen doch im Orbit ohne direkte Verbindung zur Erde. Manche rasen über bestimmten strategischen Punkten mit der Erdrotation mit, andere bewegen sich nicht und lassen den Globus unter sich durchrotieren. Genau auf die hat es mein Reiseveranstalter der Zukunft abgesehen- denn diese künstlichen Erdbegleiter sind die archimedischen Punkte, an denen wir uns festklammern, um eine Reise zu den Fidschi Inseln anzutreten. Jetzt kommt das derzeit ungelöste Problem, jedoch wie in den meisten Träumen ist die Lösung nur ein Lidzucken entfernt. Sind wir erst in der Lage, eine Verbindung zwischen einem Satelliten und einer sagen wir mal Reisegondel in Erdnähe herzustellen, könnten wir unseren Hüpfer auf beliebige Entfernungen ausdehnen, in dem wir einfach so lange oben blieben, bis sich das Reiseziel unter unsere Füße gedreht hätte. Diese Verbindung kann natürlich kein 30 km langes Seil sein, viel futuristischer erscheint mir hier eine Art solarbetriebener Traktorstrahl, der computergesteuert die Entfernung zwischen Erdbegleiter und unserer Reisegondel bestimmt und fixiert.
Denn kein Mensch kann in ein Reisegefährt springen, das gerade mit der Maximalgeschwindigkeit eines Kampfjets an einem vorbeibrettert. Hier müsste man für den Moment des Ein- und Aussteigens etwas Seil nachlassen, um uns Gelegenheit zu geben, es uns auf unserem Passagiersitz bequem zu machen. Damit wir uns dann aber auf der Erde nicht stets in der selben Rille bewegen, ist es notwendig, dass sich die Erdtrabanten um ihre Querachse drehen können und schon können wir alle gewünschten Reiseziele auf der Erde ansteuern. Die Entfernung München- New York werden wir, ohne einen einzigen Tropfen Benzin, Kerosin oder Diesel vergeudet zu haben, in nur vier Stunden zurückgelegt haben. Und zwar, versteht sich, von door-to-door. Ich bin weder Physiker noch Phantast, wünsche mir jedoch manchmal, dass ähnliche Querdenke nächtens durch die Schädel der Kreativen in den Verkehrskonzernen geistert, um uns von herkömmlichen eingefahrenen Mobilitätskonzepten zu befreien. Zeit zum Aufwachen- ich muss zur Arbeit- aber erst noch zur Tanke.