Meine Kameradinnen- ein Erfahrungsbericht
Seit kurzem habe ich sie: meine fünfte Digitalkamera. Nicht, dass
ich mich als Pixelquellen-Fetischist bezeichnen würde – es fällt mir
einfach nicht schwer einzusehen, dass meine bisherigen Modelle nach
kurzem heftigen Verschleiß einfach sehr früh in den Vorruhestand gehen
mussten. Meine Erste: Hübsch anzusehen und die Farben, die dem 3,3
Megabit-Chip entkamen, waren den im Vergleich zu den bräunlich grünen
Schlecker-Abzügen aus Celluloid-Zeiten einfach haushoch überlegen.
Doch schon nach sechs Monaten innigster Freundschaft kam die erste
Gesundheitskrise. Der Verdauungstrakt begann zu kränkeln – Sonie, wie
ich sie liebevoll nannte, verbrauchte mehr Energie, als ich ihr in
nächtelangen Füllungen zu geben vermochte. Ein Austausch-Akku wurde
implantiert – doch nie hat sie wieder die Sprungkraft erlebt wie in
ihren Kindertagen. Nach Monaten des Schonens kam noch die Liderkrankheit
dazu (ich musste dem sonst reflexartigen Linsenverschluss mit sanftem
Fingerdruck nachhelfen) und schließlich der unerwartete Schlaganfall der
Digitalkameradin, der in finalen ständigen Verfärbungen ihrer optischen
Wahrnehmungsfähigkeit das Ende meiner ersten digitalen Liaison
ankündigte.
Daneben ruht auf meinem kleinen Kamerafriedhof Sonie II, ein eher
matronenhaft anmutendes Modell, das äußerlich auf einen nicht
unerfahrenen Benutzer durch viele kleine gepimpte Knöpfe und Rädchen
hinwies. Ihr Innenleben (siehe Obduktionsfoto, das ich im Übrigen mit
Nr. 5 aufgenommen habe) war mit einigen Raffinessen ausgestattet. So war
es mir erstmals möglich, mit ihr in die Tiefen der manuellen
Einstellungen einzutauchen, aus denen ich mich nur mit Mühe wieder zum
eigentlichen Fotoobjekt entreißen konnte. Aber sie hatte auch delikate
Programme in ihrem Portefeuille, mittels derer sie sich bald als
ständige Begleiterin bei Kerzenlicht oder in extremen Sportsituationen
in mein Herz bohrte. Doch sie war sehr empfindlich und ich wollte sie
nicht unnötig aufregen, wann immer ich heimlich nach einer anderen
Ausschau in Kontaktbörsen für Hobbyfotografen halten wollte.
Und so holte ich mir heimlich Pentak aus Paris ins Haus. Vive la France –
drei Tage vor meinem Sommerurlaub bekam ich sie vom günstigsten
Anbieter des world wide webs zugesandt. Die stille Konkubine, die sich
als seewasserfest, sand- und sonnenunempfindlich erwies und an manchem
Strand munter von meinem Gürtel baumelte, überlebte Sonie II, die
Empfindliche. Nachdem Sonnie II etliche Male durch das Flughafenröntgen
musste, erkrankte sie an grauem Star, der ihre Linse für immer trübte
(unscharf machte) und dies wie immer kurz nach dem Erlischen der
Garantiefrist. Für einen Menschen eine Frage einer leichten Operation,
für eine Kamera geradezu der Todesstoß.
Nr. 4 übernahm ich als raue Stuntfrau. Niedrig in der Anfangsgage, aber
dafür ultrahart im Nehmen. Eine Kamera von der Straße für die Straße –
ein optischer Bulldog, den ich auch schon mal an einen Lenkdrachen
hängen konnte und die dann per Zeitzünder Bilder aus 50 m Höhe über mir
in sensationellen Panoramen und Graugänse- Blickwinkeln schoß. Leider
stellte sich heraus, dass ihre eher günstigen Bauteile von einem
namhaften Elektronikversand leider nur mäßige optische Eindrücke
hinterließen.
Doch hurra – genug der dunklen Gedanken: Jetzt habe ich ja Nummer 5, die
sogar willig ist, bei Nacht zu arbeiten (psst – nicht Nr. 4 wecken –
die Neue ist eine Asiatin!!!) und sie hat die Sehschärfe eines
Seeadlers. Fiju ist sozusagen ein nachtaktives Wesen wie ich und ist
dabei so scharf wie Nachbars Lumpi… Wollt ihr mehr sehen? Mehr
demnächst auf diesem Kanal – wenn sie dann noch lebt.