So weit ist es schon: im Grand Hotel Riva (in Riva del Garda am Gardasee) kennt man sie nicht, die gleichnamigen Mahagoni Schönheiten aus den 50ern und 60ern! Wir fragten an der Rezeption nach der Werft der Legenden – keiner konnte mit Auskunft dienen. Kaum 50 km weiter, südwestlich am Lago d´Iseo, im schönen Örtchen Sarnico wäre die Antwort gewesen…
Wir sind auf der Suche nach Mythen – und wer will, wird sie finden! Sicher, die Riva Werft gibt es heute noch, allerdings mittlerweile in Händen der Ferreti Group und hat wohl kaum noch etwas mit dem einstigen Familienbetrieb der Rivas zu tun, der die Werft einmal war. Damals wurden einfache Fischerboot zunächst nur repariert, später dann auch gebaut. Nussschalen, unscheinbar aber funktional. Irgendwann, in der zweiten oder dritten Generation der Rivas, nahm Carlo Riva das Heft in die Hand und verfolgte einen Traum: ein Boot wie ein amerikanischer Straßenkreuzer! Das Armaturenbrett seiner neuen Schöpfung glich folgerichtig dem eines Chryslers oder Chevys. Carlo Riva verbaute zunächst Chris Craft Motoren in seinen Booten, später verfeinerte er seinen Traum dann mit Chrysler und Cadillac Maschinen: acht Zylinder, 800 PS – das Ganze unter einer seidigen Haut von 18-mal lackiertem Mahagoni versteckt! Die verchromten Accessoires wie Schiffsglocke, Lampen, Horn bis hin zu den Schriftzügen, wurden vom Meister selbst entwickelt. Im Modell Aquarama wurden auch die Bezüge in Anlehnung an einen amerikanischen Straßenkreuzer entworfen: beim Ford Mustang heißt ein solches, zweifarbiges Innenleben „pony interior“.
Zwischen 1950 und 1969 wurden insgesamt ungefähr 3 000 Rivas gebaut, zwei Drittel existieren heute noch. Olympic, Tritone, Aquarama, Aquarama special (mit 8,75 m die längste Riva), Florida und Junior hießen die Bootstypen aus der Serie Riva, die sich eigentlich kaum unterschieden, außer vielleicht in der Ausstattung hier und da; die meistgebauteste war die Riva Ariston, wobei es auch noch eine Ariston Super gab… Warum ausgerechnet dieses – mal ehrlich: Warum ein schlichtes Badeboot einen so enormen Siegeszug hingelegt hat, ist eine kaum zu beantwortende Frage. Sicher ist, dass die Reichen und die Schönen aus den Wirtschaftswunderjahren eine Riva haben mussten, „um dazu zu gehören“. Brigitte Bardot, Sophia Loren, Richard Burton, Peter Sellers, Sean Connery, Jean Paul Belmondo, Rita Hayworth, Anita Eckberg, König Hussein von Jordanien, Gunther Sachs, Axel Springer, Alfred Heineken, Liz Taylor und Gina Lollobrigida… die Liste der Eigner ist endlos!
Endlos auch die der
Anekdoten, hier nur eine: Angeblich soll Gunther Sachs im Frack und auf
Wasserskiern die BB zu einem Ausflug auf seiner Riva eingeladen haben.
Es wurde Nacht, der Mond warf seine silbernen Schatten arglos in die
Côte d´Azur, Gunther Sachs klemmte das Steuerrad mit Kurs auf den Mond
fest und liebte BB bis in den Morgen. Wie wir wissen, heirateten die
beiden …
1969 starb Carlo Rivas jüngste Tochter an Drogenkonsum und der
„l´ingenere“ verkaufte seine Werft über Nacht an die Firma Whittacker in
Los Angeles. Whittacker verkaufte an Vickers, Vickers verkaufte an
Stellican limited in London. Erst im Jahr 2000 gelangte die Werft wieder
in die Hände eines Bootsbauers: Norberto Ferreti. Ferreti ging mit der
Zeit und baut heute Luxusyachten im zweistelligen Millionenlevel – nicht
mehr vergleichbar mit einer Aquarama, die 1962 für 10,8 Millionen LIRA
zu haben war!
Heutzutage hat die Ferreti Group ab und an einmal eine Riva zu verkaufen, der Zustand ist oft beklagenswert – doch heutzutage gibt es ja für alles die richtige Adresse: Jan Gutschow aus Hamburg darf als einer der besten Riva Restauratoren gelten. Er erweckt die „sleeping beauties“ wieder zu neuem Leben und bietet hier und da ein Schnäppchen an – und Schnäppchen meint in diesem Fall nur die Tatsache, dass er überhaupt noch eine der Legenden zu „vergeben“ hat, denn über Preise sollte man in diesen Kategorien nicht mehr reden! Nur soviel sei gesagt: In der Vergangenheit hat sich der Preis einer Riva alle sechs bis acht Jahre verdoppelt – kein Wunder bei diesen seltenen Exemplaren! Kann es eine schönere Variante zur Riester-Rente geben?