a legend turns 60

Ein Mann und seine Zeit!
Nach 60 Jahren darf man schon einmal zurückblicken – und manchmal scheinen Ereignisse mehr als zufällig zu sein. Zum Beispiel bei Rüdiger Helbig. Fast magisch die Geschehnisse, die in seinem Leben eine Rolle gespielt haben und zeitgleich, tausende von Meilen entfernt, geschahen ebenfalls Dinge, die im Nachhinein als nicht nur folgenreich, sondern sich auch auf wundersame Weise mit dem Leben des Rüdiger Helbig verbinden lassen.
Als Rüdiger Helbig 1949 das Licht der Welt erblickt, kamen in Amerika Bands wie „The Weavers“, „The Kingston Trio“, Woody Guthrie und Elvis Presley ganz groß raus. Mit Elvis begann die D-28 ihren Siegeszug und damit wurde ein Name ebenfalls weltberühmt: Martin Guitars. In Deutschland gab es für echte Fans der Amerikanischen Lebensart nur einen Radio Sender: AFN, den „american forces network“. Inspiriert durch die Titelmelodie einer Country Sendung kaufte Helbig mit sechzehn sein erstes Banjo – die Firma Martin zog im selben Jahr in die Sycamore Street um und vergrößerte sich damit bemerkenswert. Helbig, folk music besessen, hing so oft es irgend ging in einschlägigen GI-Clubs herum, auch mit dem Hintergedanken, den ein oder anderen Lick oder Riff von einem dort auftretenden Musiker aufschnappen zu können. Die 60er waren damals alles andere als ein Paradies für Bluegrass Fans oder Country Musik Freunde – nicht nur in München und Umgebung: Instrumente, Songbooks, Schulungs Material gab es schlichtweg noch nicht. Helbig, der zunächst auf einem 6-saitigen Banjo begann, lernte bald das Tenor Banjo (4-saitig!) kennen, bevor er schließlich – Anfang der 70er – mit seinem ersten five string banjo in Kontakt kam.  1970 zog in Amerika auch Martin neue Saiten auf: man begann die Produktion von Saiten mit ins Programm auf zunehmen.
Rüdiger Helbig konnte – unglaublich zu dieser Zeit – bereits von seiner Tätigkeit als Musiker leben. Er hatte zwar eine Lehre als Technischer Zeichner absolviert, aber seine Einkünfte als Musiker übertrafen bereits damals das Gehalt eines Bauzeichners. Also lebte er weiterhin als  gefragter Bluegrass Musiker, stieg in Bands wie der „Black Button Skiffle Group“ mit ein und tourte mit seiner Formation „Kentucky Bluefield“ durch ganz Europa.
In den USA formierten sich durch den Wiederstand gegen den Vietnam Krieg immer mehr Bands, die mit akustischem Sound ihren Protest friedlich unter die Menschen bringen wollten. Alle Namen, die wir heute kennen und schätzen, haben sich in den 70ern ihre Meriten verdient und – überflüssig zu sagen – natürlich fast alle eine Martin Gitarre gespielt: die Königin unter den Western Gitarren!
1979 antwortet die Firma Martin auf diesen Umstand mit der Eröffnung des „Custom Shop“: hier konnte sich nun jeder seine Gitarre nach seinen Vorstellungen bauen lassen; nicht eben günstig, aber Service hat nun einmal seinen Preis. Im selben Jahr eröffnet Helbig mit zwei Freunden den „Folkladen“: damit gab es erstmals in München überhaupt akustische Instrumente auf hohem Niveau! Ein Jahr später bringt Helbig das erste deutschsprachige Banjo Lehrbuch heraus und gründet endlich seine erste, eigene Band: die „Kentucky Bluefield“, alles Amerikaner, ausser Helbig aus Baldham! Es beginnt eine lange Serie an TV Auftritten und Tourneen, bei denen er mit vielen der ganz Großen des deutschen Showbiz auf der Bühne steht. Bis in die Vereinigten Arabischen Emirate trägt ihn der unverwechselbare Klang des Bluegrass! Nicht nur mit den „Kentucky Bluefield“ spielt Helbig eine Platte ein („Time To Relax“, die leider auf Vinyl nur noch antiquarisch erhältlich ist), auch unter seinem eigenen Namen veröffentlicht er die erste, deutsche Banjo Scheibe: „Banjo Breakfast“ (zwanzig Jahre sollte es dauern, bis die zweite CD „Back to Banjo“ im vergangenen Jahr erschien: gut´ Ding will eben Weile haben!).
Die Neunziger sind hüben wie drüben ereignisreich: in Deutschland löst Helbig seine beiden Bands auf und gründet die „Huckleberry Five“, tourt mit der legendären „Moonlight Hoodoo Revue“ und baute seine Lehrtätigkeit für Banjo weiter aus – die DVD „Learn to play 5-string banjo“ ist nur eins der vielen Lehrmaterialien aus der Feder des R. Helbig.
Martin Guitars in Nazareth / Pennsylvania baute 1990 die 500.000ste Western Gitarre und entwickelte 1991 die „backpacker travel guitar“; ein Modell, das bereits drei Jahre später Geschichte schrieb: es flog 1994 mit dem Space Shuttle um die Erde! Im selben Jahr begründet die Firma ihre „Signature Series“, limitierte Editionen von Instrumenten, die ausschließlich von weltberühmten Künstlern mit entworfen wurden, darunter Namen wie Eric Clapton, Pete Seeger, Bob Dylan, Graham Nash, Steven Stills, Joan Baez und viele, viele andere. 
Vergangenes Jahr, Martin Guitars feierte sein 175jähriges Bestehen, war es dann – „Endlich!“ möchte man fast sagen – soweit, dass man auch in Deutschland Rüdiger Helbig adelte: der deutsche Martin-Großhandel AMI lud ihn ein, sein eigenes „Signature Modell“ zu entwerfen und von Martin bauen zu lassen! Eine Sensation in Fachkreisen, denn nachdem es zwar bereits Wolfgang Niedecken (BAP), Peter Bursch, Klaus Voormann und Kuddel von den „Toten Hosen“ geschafft hatten, so ist zu sagen, dass es keinen einzigen, echten deutschen Bluegrass Musiker gibt, der es mehr verdient hätte (und das schon vor Jahren) eine eigene Martin Gitarre zu entwerfen und damit „sein“ Signature Modell im Umlauf zu haben. 21 limitierte Instrumente, mit korrekten Bezeichnung „HD-28 RH – Custom“, wurden insgesamt nur aufgelegt, zur Stunde sind nur noch fünf „Helbig Martin´s“ verfügbar – in krisengeschüttelten Zeiten wie der unseren eine sichere Geldanlage, denn gute Instrumente sind eben auch begehrte Sammler-Objekte!  

Informative links:
www.mguitar.com , www.martin-gitarren.de (die deutsche Martin Seite)
www.folkladen.de
www.ruediger-helbig.de

Wissenwertes über Martin Guitars:
Wer hätte gedacht, dass die Wiege der Westerngitarren in Sachsen liegt? C.F. Martin, Sohn des Schreinermeister Georg Martin, führte die Ideen seines Vaters weiter aus und musste einen derben Innungsstreit zwischen Schreinern und Geigenbauern über sich ergehen lassen. Was war passiert? Nun, eine verdammt gute Idee kreiert auch sehr schnell eine verdammt unangenehme Meute aus Neidern. Die Geigenbauer behaupteten, dass ein Schreiner keine Gitarre bauen könne und die Schreiner waren der Ansicht, dass ein Geigenbauer… Um es kurz zu machen: Sächsischer Grabenkrieg eben.
1833 war es Christian Frederik dann zu viel, er packte Frau und Sohnemann und verließ die deutschen Landen in Richtung Amerika. Recht hatte er, wie sich zeigen sollte. Die ersten Jahre verbrachte Martin und seine kleine Familie in New York, in einer kleinen Werkstatt in der Lower East Side / Hudson Street wurden, die ersten, wenigen Gitarren gebaut. Dann, fünf Jahre später, zogen die Martins nach Nazareth in Pennsylvenia. Dort ist heute noch der Firmensitz der Weltfirma Martin & Co und beschäftigt gut 500 Mitarbeiter.
Das bekannteste Modell, die „D-28“ wird – je nach $ Kurs – um die 2.000 Euro gehandelt; echte Sammler sind jedoch bereit, weit über das zehnfache dieser Summe für eine besondere Gitarre aus der „Schmiede“ Martin & Co hinzulegen!