Ein Quantum Trost, bitte!

Der Kenner weiß, dass einer der Highlights eines jeden Bond der Trailer vor den Titeln ist: und der ist gelungen! Eine wilde Verfolgungsjagd im Aston Martin in atemberaubendem Tempo, schnellen Schnittfolgen und Dolby Surround –  das hat schon die Klasse, die man kennt und schätzt!
 
Doch schon die Titel, die ja für viele echte Fans auch schon ein eigenes Kult Genre darstellen, ist etwas flau gelungen. Man merkt  fast den Zeitdruck, unter dem der Vorspann produziert wurde und auch der Titelsong ist fast abstoßend zeitgerecht: miese Mukke, mehr kann man dazu nicht sagen! Er ist so mies, dass er im weiteren Bond auch keine weitere Verwendung mehr findet – was Wunder?!
 
Dann geht es weiter mit einer erneuten Verfolgungsjagd, dessen Beginn in ein fadenscheiniges Verhör bildet, bei dem „M“ ebenfalls erschossen wird – aber dann später wieder quicklebendig auftaucht und ihren eigenen Agenten nicht mehr kennen mag! Ebenso fadenscheinig der böse, böse Bösewicht, der weder Charakter hat noch wirklich böse ist. Wie gerne erinnert man sich bereits mitten im Film an einen Klaus Maria Brandauer oder einen Curd Jürgens – Bösewichter aus echtem Schrot und Korn eben! Aber Daniel Green? Eben ein Greenhorn, ein Grünschnabel in der guten, alten Welt des Ian Fleming!
Und schon sind wir am Kern der Sache: Ian Fleming hat dieses Buch nicht mehr selbst geschrieben. Die vermeintlichen Ghostwriter, die stolz wie Bolle versucht haben in seine Fußstapfen zu treten, haben so gründlich versagt, wie man nur versagen kann. Sie haben einen über vierzigjährigen Kult geschliffen und mit dämlichem Animations-Dreck beschmissen, wie es Dilettanten nicht besser hätten machen können – mit dem Unterschied, dass wahrhafte Dilettanten möglicherweise noch eine Spur Komik in die, an sich schon vergeigte, Angelegenheit gebracht hätten.
 
Geneigter Leser, bitte um Verzeihung – Sie wollen echte Argumente? Können Sie gerne haben! Hier sind ein paar: da wären einige, ganz wichtige Bausteine, aus denen sich ein jeder Bond zusammensetzt.
1)    Ein echter Bösewicht, mit klaren Absichten. Green ist ein billiger, konturloser Devotionalienhändler gegen bekannte Größen á la Stromberg oder Dr. No!
 
2)    Der Bösewicht hat eine „rechte Hand“, den Beisser bespielsweise oder Götz Otto aus „Der Morgen stirbt nie!“ Fehlanzeige auch diesbezüglich.

3)    „Q“ lieferte immer die Gadgets, die „Must-haves“ eines jeden Bond. Daniel Craig genügt ein Handy, um die Welt – nun, eben nicht mehr zu retten, sondern anscheinend sein eigenes Ding durchzuziehen. Kein Gürtel, an dem Bond sich abseilt, kein Kugelschreiber, der die Welt vor der atomaren Zerstörung rettet, keine „littel Nellie“, die Bond in die Höhle des Löwen fliegt…

4)    Charme, britsh understatement und eine gerüttelte Portion Galgenhumor (manch einer mag das als Zynismus bezeichnen) waren immer wesentliche Bestandteile, um unseren geliebten Helden („James, Oh James!“) als Helden erstrahlen zu lassen. Nun ist Craig zum wortkargen, kalten Arsch geworden, den vielleicht noch irgendwelche Vorzimmertippsen ins Bett zerren wollen, aber keine Klassefrauen vom Schlage einer Ursula Andress; selbst das Zitat Halle Berry verzeiht man gerne – zugegeben: ich bin ein Mann!

5)    Ausstattung, atemberaubende Plätze, inspirierende Hotels oder eigenwillige Behausungen sind im neuen Bond ebenfalls Mangelware. Wüsste man nicht, dass allein im Vorspann 14 nagelneue Auston Martins vergeigt wurden (Marktwert des DBS Coupé derzeit 309.000,– Euro  pro Stück!!!), möchte man glauben, der neue Bond war ein „Rezessions Bond“.
   
Stattdessen wilde Schnittfolgen, doller Sound und irre Werbepackages vor dem Filmstart – allein das Klappern hilft dem Handwerk nicht. Nur ein Haufen Kohle für Werbung und Realisation macht weder einen Sommer noch einen guten Bond. Mark Forster (Regie) hat bislang gute Arbeit geleistet (Der Drachenläufer) und viel Feingefühl bewiesen; leider scheint ihm das Thema „James Bond“ nicht wirklich zu liegen – oder ich bin endgültig aus dem Nintendo-Alter herausgewachsen…
 
Freilich: es ist schon schwer sich gegen die Heroen Sean Connery oder Roger Moore durchzusetzen! Timothy Dalton hatte zwei Versuche und ist gescheitert, die Last war damit ungleich größer auf den Schultern von Pierce Brosnan. Doch er mimte unseren Superagenten dann erstaunlich glaubhaft in das dritte, nachchristliche Jahrtausend. Nach seinem Ausscheiden lastete wieder enormer Erfolgsdruck auf „dem Neuen“ und mit Casino Royale wollte man sich wieder rückbesinnen. Das ist kaum glaubhaft gelungen, weil man offensichtlich zu viel in die Metamorphose des Helden packen wollte. Mit dem neuen Bond ging nun wirklich alles in die Hose des Agenten seiner Majestät  –  dumm nur, dass Daniel Craig seine weitere Karriere damit möglicherweise auf Sand gebaut hat. Ein Quantum Trost würde ihm vielleicht helfen…