Der Preis des Aschermittwoch´s ist zu hoch, wie wir vom MICHEL finden. Doch bloße Empfindungen reichen nicht – uns waren Fakten wichtig. Lesen Sie den Bericht eines promovierten Meeresbiologen zur aktuellen Lage: erschreckenderweise sind hierbei die Phänomene der Treibnetze noch unberücksichtigt! Hier der Bericht in gekürzter (!) Form:
„Russische Fischtrawler waren die ersten, die entlang der unterseeischen Vulkanhügel vor Hawaii mit Grundschleppnetzen die Fischgründe leerten. Auch vor Neuseeland wurden die gewaltigen Fischschwärme erbeutet, im Jahre 1990 allein 41000 Tonnen und vor Tasmanien 34000 Tonnen. Manchmal waren 50 Tonnen Fisch in der Stunde keine Seltenheit. (…) Durch die intensive Fischerei war der Bestand der größeren laichbereiten Fische bald nahezu verschwunden.
Die Tiefsee ist der größte Lebensraum unseres Planeten, 78,5 Prozent des Weltozeans sind tiefer als 1000 m. Daher ist die Anzahl der Fischarten in der Tiefsee hoch: Schätzungsweise 1280 verschiedene Arten leben am Kontinentalhang und in Bodennähe. Und noch einmal 1000 mehr kommen in den tieferen pelagischen Tiefen (unterhalb 200 Meter) vor. Auch was die Anzahl der Individuen anbelangt, übertrifft die Tiefsee die Lebensräume an Land. Hans-Jürgen Wagner, Spezialist für Tiefseefische an der Universität Tübingen, hat errechnet, dass Fische der Gattung Cyclotone die häufigsten Wirbeltiere der Erde sind.
Trotz dieses Arten- und Bestandsreichtums sind Tiefseefische keine unbegrenzte Ressource. So erreicht der Granatbarsch Lebenspannen von 77 bis 149 Jahren. Geschlechtsreif wird diese Art erst mit einem Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Für viele andere genutzte Tiefseefische ist das Alter noch nicht einmal bekannt. Das oberste Prinzip der Fischerei, nur soviel zu fangen, bis die entnommenen Bestände wieder nachgewachsen sind, wird damit zu einem Generationsproblem. Und das widerspricht den ökonomischen Grundsätzen vom schnellen Profit. Während die Bestände schrumpfen, rüstet die Fischerei auf. Rund 3,5 Millionen Fangschiffe sind heute auf den Ozeanen unterwegs. Mit immer größer werdenden Motoren, größeren Netzen und immer kleineren Maschenweiten sind Fabrikschiffe, auch Hochseefroster genannt, tausende Kilometer von ihrem Heimathafen unterwegs.
Ausgesetzte Bojen mit kilometerlangen Fangleinen mit 1000 (!!!) beköderten Haken auf der Suche nach Tiefseehaien werden satellitengesteuert wiedergefunden. Das Fischauge oder Echolot liefert scharfe 3D-Bilder der potentiellen Beute in der dunklen Finsternis. Die elektronische Steuerung bewegt metergenau die zwei Kilometer langen Fischnetze. Am Boden entfalten sich diese mit fast 110 Meter hohen und 170 Meter weiten Öffnungen – genug Platz für mehrere Jumbo-Jets. Da die Fischgründe dicht in Bodennähe der untermeerischen Kuppen liegen, werden sogenannte „Rock-Hooping“- Geräte eingesetzt, um die Netze vor dem möglichem Verlust zu retten. Schwere Vorlaufketten und Eisenrollen pflügen dabei die oberen Bodenschichten um und zermalmen alles tierische Leben. Tiefseeriffe, die 5000 Jahre für die Entstehung brauchten, werden in wenigen Minuten zerstört. Und viele Arten könnten ausgerottet werden, bevor sie erforscht sind. Der Preis für die Jagd auf die letzten Flossengründe ist hoch…“
… zu hoch, wie wir vom „MICHEL“ finden!
Dr. O. Groß
Dieser Artikel ist redaktionell gekürzt worden. Den ganzen Artikel können Sie unter „Die Fischkrise“ bei www.deepwave.org nachlesen – was sehr zu empfehlen ist! Noch einmal ein herzliches Dankeschön an Dr. Onno Groß für das obige Photo und den Artikel!